Dies war die Rede der Präsidentin, Dorette Schuppert:
Liebe Lyceinnen!
“Ich bin in der süßen Morgenfrische aufgebrochen, in freudiger Erwartung der heutigen Abenteuer!”
Mit diesen Worten unserer Gründerin Constance Smedley möchte ich Sie alle ganz herzlich zu unserem diesjährigen Deutschlandtreffen begrüßen und Herrn Stadtrat Sieghard Pawlik von Herzen danken für seine so freundlichen Willkommensworte und dem Magistrat für das großzügige Gastrecht im Kaisersaal. Hier empfangen zu werden ist einfach ein Erlebnis und eine große Ehre!
Weiter ist es mir eine große Freude unsere internationale Vizepräsidentin der nördlichen Hemisphäre, Monique Gächter, begrüßen zu dürfen, ebenso wie die Schweizer Föderationspräsidendin Janet Blümli, sowie die Präsidentinnen der ILCs Zürich und St. Gallen.
Wir haben zum ersten Mal zum Deutschlandtreffen unsere deutschsprachigen Partnerclubs eingeladen und wollen damit die Internationalität der Lyceum Clubs betonen, die Wichtigkeit und Bedeutung der Partnerschaften, ganz im Sinne des Gründungsgedanken von CS. Schließlich ist das internationale Netzwerk das Herzstück des Lyceum Gedankens. Und so heiße ich unsere Schweizer Clubfreundinnen von ganzem Herzen willkommen, ebenso wie Dorette Ouwehand-Schilte aus Amsterdam. Wir alle freuen uns sehr, dass Sie so zahlreich unserer Einladung gefolgt sind!
Last but not least freue ich mich, Sie, liebe deutsche Lyceinnen, ganz herzlich zu begrüßen.
Das letzte Deutschlandtreffen fand 2017 in Köln statt und viele von uns erinnern sich noch gerne an diese gelungene Veranstaltung; nur damals waren wir noch wesentlich zahlreicher. Das liegt zum einen daran, dass wir nur noch 7 und nicht mehr 9 Clubs sind und zum anderen, dass Omikron mit seiner ungebrochenen Ansteckungsgefahr viele von unseren Mitgliedern vom Reisen abhält. Auch sind wir Reisen nicht mehr gewohnt!
Ich würde mit Ihnen heute gerne ein wenig über den Lyceum Club nachdenken, eine Bestandsaufnahme machen, vielleicht auch eine Perspektive aufzeigen.
Es fängt schon mit dem Namen an:
Die meisten von uns kennen die verständnislosen Gesichter, wenn wir vom Lyceum Club sprechen. Was ist das? Ein Ehemaligenverein einer höheren Mädchenschule? Definitiv „nein“!
Constance Smedley hat uns lebenslanges Lernen aufgetragen, aber sie sagt auch, dass der eigentliche Zweck des Lyceums die Förderung des Status der Frauen im Bereich der Künste und der Schriftstellerei war. Der Grundsatz des Lyceums war aber auch, die gegenseitige Hilfestellung durch das Zusammentragen und Verfügbarmachen von Wissen.
Gilt das immer noch?
Dem Namen nach sollte der Lyceum Club ein Hain des Lichts, der Erkenntnis sein, wo sich Frauen auf neutralem Boden überparteilich, interkonfessionell, aus allen Berufsgruppen kennenlernen, Gedankenaustausch pflegen, sich gegenseitig fördernd und helfend. Und es sollte eine Stätte sein, wo Vorträge, Diskussionen und Feste angeboten werden.
Das gilt. Wir sind Clubs erfahrener Frauen, vorwiegend in der zweiten Lebenshälfte, aber keine Clubs der reinen Nachmittags-Unterhaltung, der Musik- und der Literaturkreise, der Museumsbesuche, und anderes mehr, auch wenn diese Aktivitäten durchaus wichtig sind.
Wichtig ist uns die Persönlichkeitsentwicklung jeder einzelnen Frau und ihre individuelle Sinnsuche. Es sind die gegenseitige Hilfestellung, der Dialog und die gemeinsamen Momente der Einsicht, die uns verbinden. Das sind die Anker unserer DNA, das ist es, was uns CS in die Wiege gelegt hat, als Inspirationsquelle für künftige Generationen von Freundinnen in unseren Clubs.
Freundinnen! Das ist ein wichtiges Wort: Die meisten von uns sind durch Freundinnen in ihren Club gekommen. Und das spürt man. Aber nur, wenn alle Mitglieder auch unbekannte Gäste mit offenen Armen begrüßen, sie ins Gespräch ziehen und nach ihren Interessen, aber auch ihren Sorgen fragen, sie also in einem freundschaftlichen Geist aufnehmen, können wir der Entwicklung des Clubsterbens Einhalt gebieten. Viele Clubs befolgen diese Maxime des freundschaftlichen Willkommens und diese wachsen weiterhin, trotz des fortgeschrittenen Alters ihrer Mitglieder, trotz ausgefallener Clubnachmittage und Vorträge auf Grund der Corona-Einschränkungen.
Wie aber kann man verhindern, dass immer mehr Clubs schließen?
Ganz klar: Wir brauchen neue Mitglieder!
Welche Frauen wollen wir erreichen?
Wir wollen selbstbestimmte Frauen erreichen, die mit beiden Beinen im Leben stehen. Zum Beispiel berufstätige Frauen, die mit der nahenden Rente neue Interessen suchen, gerne mit anderen zusammen. Oder Mütter, deren Kinder lange aus dem Haus sind, die Orientierung suchen und einen neuen Sinn in ihrem Leben, ein neues Ziel. Oder alleinstehende Frauen in einer ähnlichen Lebenssituation. Wir alle kennen solche Frauen in unserem Lebensumfeld, z.B. aus dem Sportverein, dem Kirchenchor….
Und welche Themen interessiert diese Zielgruppe? Neben Politik, Malerei, Musik, Theater?
z.B.
Altersvorsorge, reicht das für mich? – Eltern umsorgen, wie weit gehe ich? – Erfolg, was ist das für mich als Frau über 50? – Kriegsflüchtlinge, wie nimmt man andere auf, wie kümmert man sich angemessen? – Kinder aus dem Haus, was nun? – oder: Kunst & Wissenschaft, was geht da zusammen?
Das ist sicher ein guter Anfang,
doch es braucht noch mehr für einen nachhaltigen Erfolg und auch um jüngere Frauen zu erreichen!
Wir müssen uns verstärkt der sozialen Medien bedienen, uns mit ihnen auseinandersetzen. Das fällt gerade den Älteren unter uns schwer. Doch wenn wir eine moderate Verjüngung unserer Clubs erreichen wollen, sind die sozialen Medien ein wichtiger Schlüssel.
Das macht in Deutschland bisher nur der ILC Köln konsequent und erfolgreich. Ebenso wie die Vernetzung mit anderen Frauenvereinen bzw. Veranstaltungen mit z.B. der Volkshochschule. Das sollte uns allen ein Ansporn sein und ich denke, wir können viel von anderen Föderationen lernen. Vielleicht berichtet uns Janet Blümli gleich noch, was die Schweizer Clubs anders machen.
Liebe Freundinnen,
wir haben jetzt über unsere DNA gesprochen, über die Frauen, die wir erreichen wollen, fehlt jetzt nur noch die Frage nach unserer Aufgabe, unserem Ziel, nach dem übergeordneten Sinn der heutigen Lyceum Clubs.
Die meisten Lyceum Clubs in Deutschland fördern mit einem Stipendium junge Künstlerinnen und Künstler, meist Musikerinnen und Musiker, wie wir heute Abend noch erleben werden. Und das steht ganz in der Tradition der ersten Clubs.
Aber in so umwälzenden Zeiten wie jetzt, ist es meiner Meinung nach wichtig, dass wir neben dem kulturellen, auch ein soziales Engagement haben (und in diesem Punkt bin ich mir mit unserer Internationalen Präsidentin einig). Das ist durchaus in der Tradition der LCs. Schon im ersten Weltkrieg übernahmen Damen des Lyceum Clubs Berlin sowohl Aufgaben in der Heimat, als auch an der Front.
So schildert Marie von Bunsen, eine der Gründerinnen des Berliner Lyceums, wie sie mit einem Komitee nach Frankreich reiste, Soldaten besuchte, für deren gesundheitliche und kulturelle Betreuung sorgte. Daheim, in Berlin, wurden eine Mittelstandsküche gegründet, eine Nähstube eingerichtet und Stricknachmittage veranstaltet, für den Frontnachschub.
Wir leben zwar, Gott sei gedankt, noch im Frieden, aber in Zeiten, in denen der Krieg in der Ukraine uns sehr nahekommt, direkt vor unserer Haustür stattfindet. Deshalb brauchen jetzt ukrainische Flüchtlingsfrauen mit ihren Kindern, deren Männer Krieg führen müssen, unsere Unterstützung, unsere Solidarität. Sie müssen wir fördern mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln.
Wie kann das aussehen? Erst einmal hier in Deutschland, in den einzelnen Clubs.
Ich kann aus der Praxis folgendes berichten:
Im Berliner Lyceum Club gibt es mehrere Frauen, die aktiv unterstützen: mit Dingen des täglichen Lebens, Fahrrädern, Fernsehern, Matratzen, es gibt einen regen Mailaustausch, aber auch mit dem Angebot das Gästezimmer zur Verfügung zu stellen, als WG sozusagen, oder mit beruflicher Unterstützung und immer mit ganz viel Zeit und Zuspruch.
Ich kann nur vom Berliner Club berichten, Berlin war durch seine Nähe zur Ukraine erste deutsche Anlaufstelle, doch bin ich mir sicher, dass dies auch in anderen Clubs stattfindet.
Das ist Hilfe im Kleinen, hier in Deutschland.
Wie aber ist die Situation der Frauen in der Ukraine? Können wir die stärken? Und wenn ja, wie? Wie leben die Frauen in der Ukraine? Wie ist ihr Selbstverständnis?
Wer hat z.B. in seinem Club Kontakte mit Ukrainerinnen? Ist es möglich, in der Ukraine ein Netzwerk und einen Lyceum Club aufzubauen, so wie in Georgien? Auf diese Weise die Stellung der Frau zu stärken? Wir sind schließlich ein internationales Netzwerk. Da können wir uns doch von vielen Seiten Hilfe holen!
Deshalb möchte ich Sie bitten: stecken Sie Ihre Köpfe zusammen und überlegen Sie, ob es nicht in diesem Sinne ein Club- oder Länder-übergreifendes Projekt geben kann.
Lassen Sie den Lyceum Spirit aufleben!
Constance Smedley war eine mutige Frau, eine Kämpferin! Selten mit dem zufrieden, was sie bisher erreicht hatte. Nehmen wir uns daran ein Beispiel:
Sicher ist: wir Alten werden weniger und müssen deshalb mehr Neues wagen. Doch wir sind viele und können vieles. Lassen Sie es uns tun.
Um mit CS zu schließen:
“Das Leben ist ein immerwährender Kreuzzug – beglückend ist es, in der Gemeinschaft der Kampfgefährtinnen tapfer, fröhlich, immer vorwärts blickend, die gesteckten Ziele zu erreichen.”
Ich gebe jetzt das Wort an die Internationale Vizepräsidentin der nördlichen Hemisphäre, die Ihnen sicherlich Interessantes vom diesjährigen Kongress in Rabat und der Internationalen Vereinigung berichten wird.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche uns noch einen schönen Tag und Abend!